ADFC Feierabend-Radtour zeigt Probleme und Lösungen auf / Region Taunushang soll wettbewerbsfähig bleiben / „Nur unter Lebensgefahr möglich“
MAIN-TAUNUS-KREIS - (red). 36 Teilnehmende aus Politik und Verwaltung des Main-Taunus- und Hochtaunuskreises sind einer gemeinsamen Einladung des ADFC Main-Taunus und des ADFC Hochtaunus zu einer Radtour gefolgt. Schon am Start betonten die beiden Organisatorinnen, Susanne Bittner und Gabriele Wittendorfer, was der ADFC Fahrradklima-Test 2016 zum wiederholten Male offenbart hat: „Das Radfahren zu Schule und Arbeit nimmt massiv zu. Alltagspendler wählen das Rad, wenn sie zügig und planbar ihr Ziel erreichen möchten. Das ist auch im Interesse der Region Frankfurt: Mit dem weiteren Wachstum des Ballungsraums Rhein-Main verschärfen sich die bereits bestehenden Verkehrsprobleme und alternative Verkehrsarten werden immer wichtiger.“
Eine stärkere Berücksichtigung des Verkehrsmittels Fahrrad in der Verkehrsplanung bedeute eine effiziente und umweltfreundliche Entlastung. Dies gebiete einen höheren Stellenwert des Radverkehrs auch am Taunushang. Die Bereitschaft, auf das Fahrrad umzusteigen sei längst vorhanden. Allein die derzeitige Gestaltung der Radwegeführungen schrecke viele ab, wie der diesjährige Fahrradklima-Test wieder vor Augen geführt habe, so der ADFC.
20 Kilometer lange Strecke
Was damit genau gemeint ist, erfuhren die mitradelnden Landräte, Bürgermeister, Kreisbeigeordneten, Referatsleiter des hessischen Wirtschaftsministeriums und Experten auf der rund 20 Kilometer langen Strecke von Bad Homburg nach Eschborn. Unterwegs wurden an konkreten Punkten Stopps eingelegt, um auf gute Lösungen und problematische Aspekte hinzuweisen.
Radverkehr brauche klare Radrouten durch die Stadt. Angefangen von Bad Homburg bis zum Ende der Tour in Eschborn gab es durchaus auch positive Teilstücke. Mit der Öffnung der Einbahnstraßen und der Einrichtung von Radschutzstreifen oder Radwegen wurde zwar schon manches hinsichtlich der Durchgängigkeit von Radrouten erreicht.
Die Radfahrenden beklagen sich jedoch über Radwege, die an Kreuzungen und Engstellen unterbrochen werden. Hier ist der Radverkehr für Autofahrer wie Fußgänger nicht mehr erkennbar und es kommt zu gefährlichen Situationen.
„Radwege müssen durchgängig sein“, fordert der ADFC. Unterbrechungen und ein plötzliches Radweg-Ende führen zu Konflikten und sind Gefahrenstellen. Für die Kombination von Radverkehr und ÖPNV sind gute Abstellanlagen an Bahnhöfen, U-Bahn- und zentralen Bushaltestellen am Taunushang erforderlich. Man muss sein Rad dort sicher, sauber und bequem abstellen können. Außerdem erwarten immer mehr Pendler, ihr Rad bequem im Zug mitnehmen zu können.
In Gewerbegebieten treffen Lieferwagen, Busse, Kraftfahrzeuge und immer mehr Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit aufeinander. Arbeitgeber sorgen mittlerweile immer öfter für Abstell- und sogar Duschmöglichkeiten für ihre Rad fahrenden Angestellten. Diesem positiven Trend werden die Verkehrswege in den Gewerbegebieten nicht gerecht. Radfahrer haben oft keine Wegeführungen und stehen im PKW-Stau.
In Eschborn etwa erreicht man seinen Arbeitsplatz über die Kreisel nur unter Lebensgefahr. Mitten im Hauptverkehr müssen Radfahrende sich ihren Weg entweder auf der Straße erkämpfen oder auf dem Gehweg erschleichen. Lediglich eine optische Signalwirkung haben die im Gewerbegebiet Süd nachträglich, in Form von Schutzstreifen oder Fahrradpiktogrammen aufgebrachten, abschnittsweisen Markierungen.
Illegal auf Feldwegen
Der Taunushang ist (noch) geprägt durch seine Landwirtschaft. Radverkehr und Landwirtschaft passen hier wunderbar zusammen. Feld- und Wirtschaftswege bilden gute überörtliche Verbindungen für Schüler und Pendler. Der zunehmende und illegale Kfz-Schleichverkehr auf den Feldwegen am Taunushang passt dazu aber nicht. Auch der zunehmende Kfz-Freizeit- „Anlieger“-Verkehr zu Pferdeställen und Ausflugslokalitäten hat auf diesen Wegen nichts verloren. Hier sind nach Ansicht des ADFC stärkere Kontrollen notwendig.
Darüber hinaus müssen Landwirte und Gemeinden auf den Hauptachsen des Radverkehrs für die regelmäßige Säuberung und Schneeräumung im Winter Sorge tragen. Nur so können diese Wege ganzjährig genutzt werden.
Die Kommunen am Taunushang wachsen – und damit wachsen sie auch zusammen. Hier ist der Radverkehr das Mittel der Wahl für die Nahmobilität, denn der ÖPNV führt mit Ausnahme der beiden stündlichen Schnellbuslinien X26/ X27 von Wiesbaden über Hofheim nach Bad Homburg / Königstein und Friedberg umständlich über Frankfurt. Leider wird bei der Erschließung neuer Wohngebiete bei Alltagswegen noch immer nur hin zum Ortskern gedacht. Wege zum Arzt oder zum Turnverein im Nachbarort kommen zu kurz – vor allem wenn der nächste Ort in einem anderen Landkreis liegt.
Die beiden Landkreise Hochtaunus und Main-Taunus müssen daran arbeiten, dass sie ihre Attraktivität für Führungskräfte und Angestellte von morgen erhalten. Diese wollen zunehmend „trendy“ zur Arbeit kommen – mit dem Tourenrad, Rennrad oder Pedelec, unabhängig und planbar, also ohne Staus und Verspätungen.
Nicht zuletzt mit den Pedelecs hat das Fahrrad als Verkehrsmittel der Wahl auf dem Weg zu Arbeit extrem an Attraktivität gewonnen. Pendler und Schüler präferieren für Strecken bis zehn Kilometer (beziehungsweise mit Pedelecs bis 20 Kilometer) schnelle Radverbindungen. Radschnellwege zwischen Darmstadt und Frankfurt sowie Hanau und Frankfurt entstehen schon. Ein schnelles Radwegenetz zwischen Friedrichsdorf, Bad Homburg, Oberursel, Steinbach, Frankfurt und Eschborn sowie Hofheim ist ebenso dringend geboten und entlastet den alltäglichen Berufsverkehr. Das coole Bike löst das Auto als Status-Symbol ab.
„Radschnellwege definieren die Wohn-Attraktivität von morgen“, stellt der ADFC fest. Sie werden vom Bund massiv gefördert. Die Landräte Michael Cyriax und Ulrich Krebs und ADFC Main-Taunus, ADFC Hochtaunus sind sich einig: Damit die gesamte Region Taunushang auch weiterhin wettbewerbsfähig bleibt, muss der Radverkehr als zentraler Faktor zur Verbesserung der Lebensqualität und der Erreichbarkeit der Arbeitsplätze und Schulen stärker berücksichtigt und gemeinde- und kreisübergreifend gestaltet und weiterentwickelt werden.
Bessere Zusammenarbeit
Viele der auf der Radtour erfahrenen, derzeitigen Widrigkeiten könnten durch übergreifende Zusammenarbeit auf allen Ebenen (kosten)effizient mit einer verbesserten Nutzung von Fördergeldern gelöst werden. Alle Gemeinden einschließlich der Region Frankfurt würden von dieser gemeinsamen Anstrengung profitieren.
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