Margarete Bastian weiß ihren Ganter nun in liebevollen Händen. Demir Zeki kümmert sich gemeinsam mit seiner Frau um die erste Schulgans Hessens, die am 14. Februar ihren 25. Geburtstag feiert. Statt Torte bekommt Twiti einen großen grünen Salat, den futtert er am liebsten.
(Foto: Werkmann)
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MARXHEIM - In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 1996 erblickte er das Licht der Welt. Umringt von freudestrahlenden Schulkindern, die auf Luftmatratzen rund um den Brutapparat die Geburt der ersten Schulgans Hessens miterleben durften, kämpfte sich Höckergans Twiti aus dem Ei.
Nun feiert der Ganter seinen 25. Geburtstag, ganz ohne Trubel und Party. Das lebhafte Gewusel würde ihm wenig ausmachen, schließlich verbrachte er den größten Teil seines Lebens inmitten vieler Kinder an der Heiligenstockschule. Doch pandemiebedingt ist keine Geburtstagsfeier möglich, sodass die HOFHEIMER ZEITUNG dieses besondere Ereignis mit einem Artikel würdigen möchte.
Von der Heiligenstockschule nach Marxheim
Gemeinsam mit der „Gänsemutter“, wie Margarete Bastian liebevoll von vielen Generationen an Grundschulkindern genannt wurde, besuchten wir den Ganter in seinem Zuhause in der Kleintierzuchtanlage in Marxheim.
Fast 20 Jahre leitete die Landwirtschaftslehrerin ehrenamtlich und mit großem persönlichem Engagement die Arbeitsgemeinschaft und das Wahlpflichtfach „Natur-Begreifen“ an der Heiligenstockschule. Nach dem Umbau war in der Heiligenstockschule kein Raum mehr für die Gänse, die dort im Innenhof gemeinsam mit Hühnern, Enten und Kaninchen lebten, sich aber tagsüber frei auf dem Schulgelände bewegten.
Ein neues Zuhause hatten sie bei den Kleintierzüchtern in Marxheim gefunden. Hier kamen dann die Schüler der Natur AG der Marxheimer Grundschule einmal in der Woche zu Besuch zu den Schulgänsen. Kindern die Möglichkeit zu geben, eigene Umwelterfahrungen zu sammeln und mit allen Sinnen zu lernen, war Margarete Bastian stets ein Herzensanliegen. „Es ging nicht nur darum, im Rahmen der AG die Gänse zu streicheln, sondern Verantwortung zu übernehmen und den Kreislauf der Natur zu erleben“, erzählt sie. Aus diesem Engagement heraus erblickten viele Gänse das Licht der Welt, wurden an andere Schulen vermittelt oder in andere gute Hände abgegeben.
Die Gänsegeschwister Phönix und Lulu sind mittlerweile im Gänsehimmel, doch Ganter Twiti erfreut sich bester Gesundheit. Seinen Lebensabend muss er auch nicht alleine verbringen, denn in seiner Wohngemeinschaft leben heute 14 Hühner und zwei Hähne. Versorgt wird Twiti liebevoll von Demir Zeki, der die Parzelle von Familie Bastian übernommen hat. „Meine Frau und ich wollten schon immer Hühner züchten und sind glücklich, diesen Platz dafür bekommen zu haben“, erzählt der Landschaftsgärtner, der den Schulganter a. D. richtig verwöhnt. „Jeden Tag bekommt Twiti einen eigenen grünen Salat, den er in Windeseile verputzt.“ Auch wenn Margarete Bastian mittlerweile alles andere als gut zu Fuß ist und auch nicht mehr selbst Auto fährt, möchte sie es sich nicht nehmen lassen, ab und zu „ihr“ Gänsekind zu besuchen.
Wie sehr der Ganter auf seine „Mama“ reagierte, konnte bei unserem Besuch beobachtet werden. Schon von Weitem hörte der Ganter die Stimme und begann zu rufen.
Twiti hat eine enge Bindung zur „Gänsemutter“
Und während des Besuches wich er Margarete Bastian nicht von der Seite, umringte sie mit leisen Gurr-Geräuschen. Obwohl er ein eher zurückhaltendes Wesen haben soll, ließ er sich problemlos berühren. „Frauen mag er“, lacht Demir Zeki. Dass er Männer durchaus als Konkurrenten sieht und ab und zu in die Beine zwickt, kann Dr. Jörg Bastian nur bestätigen. „Das habe ich auch schon zu spüren bekommen.“
„Twiti hat eben ein sehr aufmerksames Wesen und passt auf seine Familie unglaublich auf“, weiß Margarete Bastian, die es besonders spannend fand, das Sozialverhalten der Gänse im Lauf der vielen Jahre des Zusammenlebens kennenzulernen.
So blieb ihr bis heute unerklärlich, woher der dominante Ganter Phönix wusste, welchen Weg sie geplant hatte zu gehen. „Er musste einfach immer voraus stolzieren und die Gruppe anführen, davon ließ er sich nicht abbringen. Doch er wusste immer genau, wohin ich wollte. Intuition? Wir wissen es nicht, so manche Phänomene sind sicher noch nicht erforscht.“