Cemal Demir ist seit zwölf Jahren der Betreiber des Kiosks in Lorsbach.
(Foto: Sonja Lehnert)
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LORSBACH - Ein Kiosk mit Zeitschriften und Tabakwaren, Lottoannahme und Poststelle fand Cemal Demir vor, als er das wenige Quadratmeter große Geschäft in der Hofheimer Straße übernahm. Er zog mit Frau und zwei Kindern von Frankfurt in den Taunus. Er ist als Jüngster von vier Geschwistern in Sachsenhausen aufgewachsen, wohin seine Eltern aus Ankara gezogen sind. In diesem Februar jährt sich die Geschäftsübernahme samt Umzug nach Lorsbach zum zwölften Mal. Und gerade jetzt schlägt das Kiosk wieder einmal besonders hohe Wellen.
Seit Anfang des Monats ist die Poststelle geschlossen. Kein Brief oder Päckchen, nicht einmal mehr eine Briefmarke geht über die Theke. Aber oft genug klingelt noch die Türglocke und verwundert dreinblickende Kundschaft tritt ein, die bisher nichts von der Veränderung gehört hat. Alle Verhandlungen mit der Deutschen Post AG über einen Vertrag, der auch Urlaub und Krankheit berücksichtigte, seien gescheitert. Mit solchen Klauseln einer permanenten werktäglichen Öffnungszeit war kein Ersatz in Lorsbach zu finden. Einzig in der Zeit, als Demir eine Kauffrau im Einzelhandel ausbildete, wofür er extra eine Prüfung als Ausbilder ablegte, verfügte er über eine kompetente Vertretung. Mittlerweile hat der Ortsbeirat beschlossen, den Magistrat der Stadt um Kontaktaufnahme zur Deutschen Post AG zu bitten, um den für viele beschwerlichen Weg nach Hofheim zur Poststelle in der Ubierstraße zu ersparen. Dort sollen nämlich die nicht zustellbaren Sendungen abgeholt werden. Unverständlich für Cemal Demir ist die Tatsache, dass sehr wohl Verträge anderer Poststellen Urlaubszeiten beinhalten, ihm diese aber verwehrt werden.
Nun nutzt er den wenig mehr verbleibenden Raum für das ein oder andere Nahrungsmittel mehr und tatsächlich das anzubieten, was zum Überleben in einem infrastrukturgeschädigten Ort wie Lorsbach notwendig ist.
Vor knapp drei Jahren ist nach einem Brand der Lebensmittelmarkt Nahkauf geschlossen worden. Demir reagierte sofort, indem er verderbliche Lebensmittel im Kühlregal, Obst, Gemüse und weitere Lebensmittel anbot.
Dies ist mittlerweile zu einem brauchbaren Sortiment angewachsen, aus dem jegliche Art von Mittagstisch zubereitet werden kann. Das Engagement des Betreibers geht aber weit über dieses Angebot hinaus.
Kaffee und Brötchen ab 4.30 Uhr
Er hat zum Beispiel eine Kaffeemaschine mit Cappuccino bis Kakaotraum und Tee von Schwarz- über Grün- bis zu Früchtetee in sein Sortiment aufgenommen, einige Stühle und Tische vor dem Verkaufsraum aufgestellt und so dem infrastrukturschwachen Ort eine zentrale Anlaufstelle geboten. Sie wird sowohl von Stammgästen als auch von zufällig Vorbeikommenden genutzt. Ein Stammgast komme aus Schlossborn regelmäßig auf seinem Weg zum Flughafen vorbei, um vor der Arbeit noch einen Kaffee bei ihm zu trinken, erzählte Demir. „Ich lege sehr viel Wert darauf, dass bei mir kein Alkohol konsumiert wird. Man kann hier zwar Wein, Sekt und Bier kaufen, aber nur zum Mitnehmen“, erklärte er. Die anderen Stammgäste bestätigen die angenehme und offene Atmosphäre des Treffpunkts, jede und jeder seien herzlich willkommen, man komme ins Gespräch, mache eine Pause und könne bei fast jedem Wetter in „unserem Caféhaus“ an Lorsbachs „Einkaufsmeile“ zusammensitzen. Demirs Ideen gehen weiter. So bietet er neben selbst kreierten belegten Sandwiches auch Fruchtcocktails an, um das Obst in seinem Warenkorb nicht verderben zu lassen, und er liefert die Brötchen für die Läufe des Turnvereins direkt zur Turnhalle.
„Wie es weitergeht, weiß ich noch nicht. Ich muss sehen, wie es läuft“, sagte der kreative Kioskbetreiber. Für Lorsbach und seine Einwohner ist er auf jeden Fall ein großer Gewinn – nicht nur, weil man bereits ab 4.30 Uhr Brötchen und einen Kaffee bekommt.