Lebensgroße, fragmentanmutende, rote Frauenfiguren aus Ton von Marlies Pufahl sind in der Kunstsammlung des Landratsamtes zurzeit zu sehen.
(Foto: Sonja Lehnert)
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HOFHEIM - Die Ausstellung „Ich & Du“, bis zum 2. Juni im Landratsamt zu sehen, stellt den herausragenden Werken der Haussammlung bemerkenswerte Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler der Region gegenüber. Gemälde, Skulpturen, Collagen, Drucke kommunizieren miteinander, ergänzen sich oder verlagern die Aufmerksamkeit auf den Dialog. Zwei davon, 2017 und 2019 entstanden, sind die Plastiken „Stehende I“ und „Stehende II“ von Marlies Pufahl.
Aufbaukeramik setzt Anfang
Die lebensgroßen, fragmentanmutenden, roten Frauenfiguren sind von Kuratorin Andrea Simon im direkten Bezug zu den „Frauenbildnissen“ von Barbara Schönwandt (Haussammlung) arrangiert. Gut, dass Betrachtende entspannt gegenüber verweilen können, um die Szene der scheinbar sich bewegenden Figuren und die großformatigen Porträts auf sich wirken zu lassen.
Marlies Pufahl arbeitet seit den neunziger Jahren an der figurativen Darstellung des weiblichen Körpers. Sie hatte ihre Erfahrungen mit Aufbaukeramik gesammelt, studierte weiter bei Keramikerinnen und Keramikern im In- und Ausland und fand im Spannungsfeld von Ruhe und Bewegung die ihr eigene Auseinandersetzung mit diesem Thema. „Die Skulptur war mein Ziel“, sagte die Künstlerin, Harald Jegodzienski habe sie dabei stark geprägt, ebenso wie sie die rote Farbe der „Terra Sigillata“ inspirierte, eines römischen Tafelgeschirrs aus Keramik, die gegen Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. in italienischen Werkstätten (Arezzo) entwickelt wurde. Die rote Farbe besteht aus sehr feinem Tonmehl, angesetzt mit Wasser und Natronwasserglas, das mit Oxiden für die Farbgestaltung genutzt wird.
INFO
Seit Montag ist die Ausstellung bis voraussichtlich 18. April leider geschlossen. Abhängig von den Inzidenzzahlen können dann im Landratsamt voraussichtlich wieder Besichtigungstermine vereinbart werden. Den immer aktualisierten Terminkalender findet man im Newsticker Kunstsammlung
www.exhibitionnews.de
Marlies Pufahl arbeitet mit weißem Ton, der nach dem Brennen mit der Tonmehlmischung bearbeitet und dann wieder gebrannt wird. Im Gegensatz zur bildhauerischen Arbeit, die dem Stein Material entnimmt, arbeitet sie additiv. Große Tonkugeln, die sie kontrolliert zerbricht, werden einander wieder zugefügt, bis die zum Teil ganz fragil erscheinende Plastik Gestalt annimmt. Die Größe der Kugel und die Palette der Bruchstücke bestimmen die Form. Dabei gewährt die Künstlerin dem Zufall Freiraum, auch wenn die Form geplant ist. Das Bruchstückhafte spiegelt Verletztheit, Unebenheiten geben im Gegensatz zur glatten Oberfläche die zahlreich gemachten Erfahrungen des Lebens wieder. Die Handschrift der Künstlerin formt über die Bewegung hinaus Gefühle und Befindlichkeiten in die Gestalt hinein. Sie tritt damit mit den Betrachtenden in Kommunikation, der man sich nicht entziehen kann.