Nora Staeger von dem Ensemble „RequiSIT" erläutert ihrem Publikum die Kriterien eines Improvisationstheaters.
(Fotos: Harald Gross)
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HOFHEIM - Was in den vergangenen Jahren in Hofheim ein bunter Reigen an Veranstaltungen war, der eine ganze Woche im September mit zahlreichen Events verschiedener Kultur- und Religionsgemeinschaften füllte, musste in diesem Jahr coronabedingt auf einen Tag reduziert werden. Ein abwechslungsreiches Programm hatte das städtische Organisationsteam um Tanja Wagner für die „Interkulturelle Woche KOMPAKT“ in der Kreisstadt zusammengestellt.
Bundesweit findet die Interkulturelle Woche (IKW) seit 1975 jeweils Ende September statt. Sie ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Unterstützt und mitgetragen wird die Veranstaltung von Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen, Integrationsbeauftragten und -beiräten, Migrantenorganisationen sowie verschiedenen Initiativgruppen.
Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte
In Deutschland finden in diesem Jahr mehr als 5 000 Veranstaltungen an über 50 Orten statt. Ziel der Aktionswoche ist es, ein starkes Signal für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen zu setzen. Städte und Kommunen übernehmen hierbei die Aufgabe, Flagge für Menschenrechte, Demokratie und Vielfalt zu zeigen.
Nora Staeger von dem Ensemble „RequiSIT" erläutert ihrem Publikum die Kriterien eines Improvisationstheaters. Fotos: Harald Gross
Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften sprechen ihr Friedensgebet auf der Bühne im Alten Wasserschloss.
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Dass Hofheim durchaus als Multikulti-Stadt zu bezeichnen ist, zeigt ein Blick in die Statistik: Hier leben derzeit Menschen aus 121 Nationen, und mehr als 20 Glaubensgemeinschaften sind in der Stadt zu finden.
Zum vierten Mal war die Interkulturelle Woche fester Bestandteil im Kalender des städtischen Teams Inklusion, Asyl und Integration. Der unter dem Motto „Zusammen leben, zusammen wachsen – Vielfalt verbindet“ stehende Abend erfuhr seine Eröffnung auf musikalische Weise. Mit kurdischen und türkischen Texten versehen waren die Gesangsstücke des syrische Musikers Kasem Shekmus, die er zu den Klängen einer Langhalslaute präsentierte. In seiner Begrüßungsrede sprach Hofheims Bürgermeister Christian Vogt von einer beeindruckenden Art, die den respektvollen Umgang miteinander unter den Mitgliedern verschiedener Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Stadt kennzeichne.
DIE INITIATOREN
Ahmaddiyya-Gemeinde, Alevitische Gemeinde, Ausländerbeirat, Bahá’i-Gemeinde, Bistum Limburg Bezirk Main-Taunus, Caritasverband für den Bezirk Main-Taunus e. V., Deutsche Franziskanerprovinz – Exerzitienhaus Hofheim, Diakonisches Werk Main-Taunus, Evangelische Johannesgemeinde, Evangelische Kirchengemeinde Diedenbergen, Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Main-Taunus-Kreis, Hofheimer KulturWerkstatt e. V., Jugendmigrationsdienst Main-Taunus, Katholisches Bezirksbüro, Katholische Pfarrei St. Peter und Paul Hofheim-Kriftel, Main-Taunus-Kreis
Er wolle sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass Hofheims Menschen auch künftig zahlreiche Möglichkeiten haben, um miteinander in ein Gespräch zu kommen.
Als ein ausdrückliches gemeinsames Bekenntnis für Demokratie und Menschenrechte beschrieb Vogt die Veranstaltung. Wie bedeutungsvoll dies in der heutigen Zeit sei, brachte er durch Hinweise auf terroristische Anschläge aus der jüngeren Vergangenheit zum Ausdruck: „Ich denke an den Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, den Anschlag auf die Synagoge in Halle und die Menschen in Moria sowie an den jüngst aufgedeckten Rechtsextremismus in den Reihen der Polizei in Nordrhein-Westfalen.“ An die zum Nachdenken anregenden Ausführungen des Bürgermeisters folgten in den von Vertretern der anwesenden Religionsgemeinschaften gesprochenen Friedensgebeten Worte der Besinnlichkeit.
Anschließend begaben sich die etwa 100 Besucher im Alten Wasserschloss gemeinsam mit dem Ensemble des Improvisationstheaters „RequiSIT“ hinein in den unterhaltsamen Teil des Abends. Schnell, witzig, kreativ und spontan verwandelten die vier Schauspieler Zurufe aus dem Publikum in ein frei improvisiertes Theaterstück. Aus dem Stegreif entstanden Szenen, die es so vorher nie gegeben hat. Es bedurfte lediglich der Bezeichnung eines Gefühls, eines Ortes oder einer Situation, und schon kreierten die Künstler unter Leitung von Diplom- und Theaterpädagogin Nora Staeger auf ihrer Bühne skurril und lustig anmutende kleine Theaterstücke. Ebenfalls mit einer guten Portion Humor und Ironie ausgestattet beendete der Kurzfilm „Masel Tov Cocktail” einen bunten Abend der Kulturen im ältesten Gemäuer Hofheims.
Was gedacht und laut oder leise gesagt wird
In einem wilden, witzigen Ritt durch einen Tag des Abiturienten Dima zeigt der Film, was es bedeutet, als jüdischer Jugendlicher in Deutschland aufzuwachsen. Dima ist der verklemmte Umgang mit Juden und die leidige Opferrolle überdrüssig. Regisseur Arkadij Khaet lässt seinen Protagonisten immer wieder Menschen begegnen, die alle eine Haltung zu Juden und zum Judentum haben. Vom naiven Philosemitismus, über Ignoranz, Zionismus bis zum Antisemitismus erlebt Dima wie im Zeitraffer, was in Deutschland zum Judentum gedacht und laut oder leise gesagt wird.