Jecken übernehmen das Rathaus

Die Ambett (Zweite von links) verkündet ihre Bürgermeisterkandidatur. Amtsinhaberin Gisela Stang (rechts) bleibt gelassen. Foto: Patrick Arbogast
HOFHEIM - Gut gelaunt zog am Mittwoch die Ambett samt Gefolge ins Rathaus ein. Der Magistrat war zu einer närrischen Sondersitzung anlässlich der fünften Jahreszeit zusammengekommen. Ambett XXX. Kathrin, Regentin von Fell und Gefieder, Fürstin zu Binnen und See, wie ihr voller Titel lautet, übernahm sogleich die Sitzungsleitung, nachdem Bürgermeisterin Gisela Stang (SPD) bereitwillig ihren Platz geräumt hatte.
Auch die Ambett will Bürgermeisterin werden
Die Fürstin nutzte die Gelegenheit, um als Erstes ihre Kandidatur für die bevorstehende Bürgermeisterwahl im März bekannt zu geben. An ihrem Sieg hege sie keinerlei Zweifel. Die Amtsinhaberin nahm die Ankündigung gelassen auf, skeptischer zeigte sich Stang beim ersten Tagesordnungspunkt, dem Antrag zur Verlegung des Amtssitzes der Ambett in das Wasserschloss.
„Da müssen wir aber den Weinkeller absichern“, äußerte sich die Bürgermeisterin kritisch. „Ich habe da kein Vertrauen in die Narren, wenn ich das so ehrlich ansprechen darf.“ Trotz der vorgebrachten Bedenken wurde dem Antrag stattgegeben, nicht zuletzt, da die Karnevalisten die absolute Mehrheit im Gremium stellten. Einstimmig angenommen wurde außerdem der Antrag, in Zukunft auf das Altstadtfest zu verzichten und stattdessen den Wäldchestag zu feiern. Ein Altstadtfest erwecke den Eindruck, Hofheim sei alt, und passe daher nicht zu einer jungen und modernen Kreisstadt, begründete Erhard Blatt, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft 1900, den Vorstoß. „Außerdem müssen wir verhindern, dass die Leute uns nach Kelkheim abhauen.“ In der Nachbarstadt fand der Wäldchestag im letzten Jahr bereits zum dritten Mal statt.
Als nächsten Punkt auf der Tagesordnung sprach sich der Karnevalsverein gegen einen Ausbau des Busbahnhofs auf Kosten des benachbarten Ambett-Brunnens aus. Er wolle weiterhin die Tradition pflegen, dort am Aschermittwoch die Fastnacht zu beerdigen – eine Tradition, die dieses Jahr erstmalig begangen werden soll. Hier trieb die erfahrene Bürgermeisterin mit einem Gegenvorschlag einen Keil in die bis dahin geschlossenen Reihen der Narren: Sie bot an, die neue Bushaltestelle „Ambett-Haltestelle“ zu taufen.
Rutschbahn vom Dach des CC zum Wasserschloss
Obwohl sie damit nicht alle Skeptiker überzeugen konnte, setzte sie sich am Ende durch.
Auch beim vierten Antrag, der Einrichtung einer Tanzfläche in der neuen Bücherei, handelte Stang einen Kompromiss aus: „Jeder, der dort tanzt, muss einmal im Monat ein Buch ausleihen.“ Beim letzten Tagesordnungspunkt ging es dann hoch her: Für den geplanten Weinstand am Untertor hätten die Narren gerne einen weniger verkehrsbelasteten Standort. Es folgte die unvermeidliche Diskussion über Sinn und Unsinn von Feinstaub und Stickoxidgrenzwerten.
Nachdem Alternativen, wie das Dach des Chinon Centers (inklusive Rutschbahn zum Wasserschloss), erörtert und verworfen wurden, schlichtete Stadtrat Thomas Jung (FDP) den Streit, indem er den Vorschlag einbrachte, auf dem Parkplatz am Untertor die Promillegrenze aufzuheben.
„Damit man von dort nach dem Weintrinken wieder wegfahren kann.“ Am Ende der Sitzung zeigte sich Stadtrat Wolfgang Sittig (CDU) erleichtert: „Ich hatte schon Angst, die würden beantragen, den Frankfurter Flughafen unter die Erde zu verlegen, um dem Fluglärm beizukommen.“
Abschließend äußerte die Ambett den durchaus ernst gemeinten Wunsch, in der Kreisstadt ein Tierheim einzurichten. Sie sei selbst von Beruf Tierpflegerin, darum lege ihr das Thema sehr am Herzen.
Es bleibt abzuwarten, wer sich nach Ablauf der fünften Jahreszeit noch an die in dieser Sitzung getroffenen Entscheidungen erinnern wird.