Kletterwand vor dem Aus

Zur Eröffnung der Kletterwand war noch die Bergsteigerlegende Reinhold Messner höchstpersönlich nach Wicker gekommen. Archivfoto: VF/Dziemballa,RMB/Heinz Margielsky
WICKER/HOCHHEIM - Die Kletterwand am Biomassekraftwerk auf dem Deponiegelände Wicker an der Gemarkungsgrenze zu Hochheim soll zum 1. Januar 2019 geschlossen werden. Das bestätigte Heino von Winning, Sprecher der Geschäftsführung von Main-Taunus-Recycling GmbH (MTR) und Rhein-Main Deponie GmbH (RMD), auf Anfrage. Auslöser sei der starke Rückgang an angemeldeten Kletterern. Seien in den ersten Jahren rund 1300 Kletterer gekommen, liege die Zahl derzeit bei nur noch 300. Von Winning vermutet, dass die Zunahme von Kletterhallen in der Region, die mangelnde Anbindung Wickers mit öffentlichen Verkehrsmitteln und ein insgesamt nicht mehr so großes Interesse am Klettersport verantwortlich sein könnten.
Wer die 19 Meter hohe Wand am Biomassekraftwerk besteigen will, muss sich mit 30 Euro pro Jahr anmelden. Grund für die geplante Stilllegung sei nicht das Sanierungskonzept der RMD, sagte von Winning auf Nachfrage. Allerdings habe man in den vergangenen Monaten alle Zahlen genau angeguckt.
Üben für alpines Klettern
Um die 30 Kletterer hätten sich schon gemeldet, um gegen die Schließung zu protestieren, sagt von Winning. Andere haben eine „Initiative zur Rettung der Kletterwand“ gegründet und suchen jetzt die Öffentlichkeit. Karin Irmscher aus Wiesbaden ist Teil dieses losen Zusammenschlusses, sie hofft, dass ein Gespräch mit der Geschäftsführung der MTR (der Betreiberin des Biomassekraftwerks mitsamt der Kletterwand) noch etwas bewirken kann. Die Wand sei in ihrer Art einmalig, so die Initiative. Mit 19 Metern Höhe überrage sie die übliche Höhe von Kletterwänden in Hallen (meist zehn Meter) deutlich und biete mit über 80 möglichen Kletterrouten Trainingsmöglichkeiten unter freiem Himmel in vielen Schwierigkeitsgraden. Einzigartig sei auch ihr „alpiner Standplatz“ in 15 Metern Höhe, der es ermögliche, in heimischen Gefilden sicher für die Alpen üben zu können. Außerdem sei die Kletterwand ein ganz besonderes Ziel für den Schulsport – die Theodor-Fliedner-Schule aus Bierstadt biete zum Beispiel solch eine AG an, sagt Irmscher. Er habe seit mindestens fünf Monaten mit vielen Kletterern gesprochen, außerdem mit dem Alpenverein, sagt von Winning, aber keine Lösung gefunden. Zwar sei er im Wesentlichen dafür da, im Bereich vom RMD und MTR „150 Arbeitsplätze zu sichern“, aber er habe sich trotzdem durchaus auch um die Kletterwand bemüht. Das Hauptproblem sei auch gar nicht das Geld, sondern der Aufwand, der betrieben werden müsse. Drei Betreuer auf Honorarbasis kümmern sich um die Wartung der Anlage und „sehen nach dem Rechten“, außerdem müssen die Chips für die Nutzer ausgegeben werden, man brauche eine Versicherung, eine entsprechende Kontrolle sowie Buchführung, und die Anlage befinde sich auf einem Sicherheitsgelände. Und was die Finanzierung betrifft: Ursprünglich habe man um die 45 000 Euro im Jahr eingenommen (und das Doppelte benötigt, so schätze er), jetzt eben nur noch um die 9000 Euro. Damit wieder ähnlich viel Geld hereinkomme wie in den Anfangszeiten, müsste die jährliche Gebühr etwa auf 130 Euro angehoben werden, so von Winning.
80 KLETTERROUTEN
• Die MTR hat die Kletterwand am Biomassekraftwerk an der B 40 neu bei Wicker für 250 000 Euro gebaut. Im Frühjahr 2004 wurde sie eingeweiht.
• Die Wand ist 19 Meter hoch, mit rund 3000 versetzbaren Griffelementen und über 80 möglichen Routen.
• Die Wand ist 19 Meter hoch, mit rund 3000 versetzbaren Griffelementen und über 80 möglichen Routen.
Betreiber gesucht
Für Karin Irmscher ist es durchaus denkbar, in Zukunft mehr zu zahlen als 30 Euro. Im Vergleich zu den Kletterhallen sei die aktuelle Gebühr recht niedrig. Dort müsse man so um die zehn bis zwölf Euro für einen Besuch zahlen. Sie und ihre Mit-Kletterer hoffen, dass man in Gesprächen doch noch eine Lösung finden kann. Bislang habe von der MTR leider niemand mit ihnen gesprochen, sie hätten nur durch eine kurze Mitteilung im Newsletter von der drohenden Schließung erfahren.
„Wir werden die Kletterwand nicht abbauen“, sagt von Winning. Wenn jemand den Betrieb übernehmen wolle – gerne. Bisher habe sich aber niemand gefunden.