Bernd Zürn (grüne Jacke) und Uwe Schreiber werden von ihrem luftigen Arbeitsplatz wieder zur Erde gebracht.
(Foto: Zürn)
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MAIN-TAUNUS-KREIS - Was viele nicht wissen: Die Deutsche Bahn (DB) unterhält nicht nur ein Schienennetz. Um ihre elektrisch betriebenen Züge mit Strom zu versorgen, betreibt sie auch ein eigenes deutschlandweites Stromnetz. Die Leitungen, in denen der Strom fließt, hängen an gewaltigen Stahlmasten.
Einige davon befinden sich im Westen der Deponie Wicker. Sehr zur Freude der Störche. Die sind – dem Flörsheimer BUND sei Dank – seit 17 Jahren in der Region wieder heimisch geworden. Zunächst nur auf zwei vom BUND Flörsheim auf der Wickerer Deponie errichteten Holzmasten mit einem kreisrunden Nest, dem so genannten Horst, am oberen Ende. Doch dann entdeckte Freund Adebar seine Vorliebe für die Strommasten der DB. Der Grund für diesen tierischen Sinneswandel ist auch unter Fachleuten umstritten. Nicht umstritten sind die damit verbundenen Nachteile: Stromausfälle durch Kurzschlüsse, wenn ein Storch beim Nestbau einen besonders langen Ast verwendet und dieser dabei ein starkstromführendes Kabel berührt. Die Spannung beträgt immerhin einhundertundzehntausend Volt! Die Folgen sind weder für die Störche noch für die DB erfreulich. Deshalb klettern immer wieder schwindelfreie Mitarbeiter der „DB Energie“ im Spätherbst auf die Masten. Sie entfernen dann nicht nur diese – mitunter mehrere Zentner schweren – Nester, sondern bringen auch Hindernisse an. Die sollen dort einen Neubau verhindern.
Die bisherigen Erfolge waren wenig ermutigend. Den Störchen eine andere Brutmöglichkeit anzubieten, schien den Verantwortlichen der DB daher eine bessere Lösung zu sein. Deshalb stellten sie – fachlich beraten vom BUND Flörsheim – im Frühjahr 2017 zwei hölzerne Masten mit einem Korb an der Spitze auf, und zwar in Sichtweite der Hochspannungsmasten, auf dem Gelände des „Johanneshof“ und sehr zur Freude von Christine und Uwe Schreiber, die dieses Weingut in Hochheim betreiben.
Drei Jahre machten die Störche keinen Gebrauch von diesem Angebot. Erst im Frühjahr 2020 bezog ein Storchenpaar eines der beiden Nester. Mit einem erfreulichen Ergebnis: Am 2. Juni konnten dort zwei Jungstörche beringt werden. Angespornt durch diesen Erfolg wollte das Ehepaar Schreiber den zweiten Mast wohnlich herrichten. Polstermaterial gab es reichlich, nämlich von den durch die DB abgeräumten Nestern.
Am Morgen des 11. Februar hob ein Hubsteiger der Rhein-Main-Deponie Uwe Schreiber und den BUND-Aktiven Bernd Zürn sowie das sperrige Nistmaterial hoch zum Nest. In zehn Meter Höhe versuchten die Beiden, eine möglichst artgerechte Brutunterlage zu bauen: Bei Minusgraden und leicht schwankendem Hubsteiger kein vergnügungssteuerpflichtiges Vorhaben. Ob der Einsatz von Erfolg gekrönt ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Alle an dieser Aktion Beteiligten behalten jetzt die neue Komfortwohnung in luftiger Höhe im Auge.